Nostalgie weht durch Brüssels Straßen und Gäßchen, die ohnehin schon nostalgische Namen tragen wie die "Rue Char et Pain", die Fleisch- und Brotstraße, die Heringstraße, die Butterstraße, die Johannisbeergasse und wie sie alle heißen. Sie sind nicht weit weg von Brüssels Grand-Place aus dem 12. Jahrhundert mit seinen Innungshäusern, die noch heute von der Bedeutung der alten Handwerksberufe zeugen.
Das Beste an Belgien ist seine Landschaft und das, was sie hervorbringt. Man hat ja alles vor der Haustür, was man braucht, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Welches Land kann eine solche Fülle an Sinnlichem und Ästhetischem vorweisen? Zu leben wußte man hier schon immer. Auf den üppigen Gemälden der flämischen Meister kann man es sehen. Die ersten gastronomischen Bruderschaften der Welt wurden in Belgien gegründet, die älteste ist der "Ordre des Agathopèdes". Er ging aus einem Geheimbund hervor, dessen Spuren man bis ins Jahr 1585 verfolgen kann. Im Siegel führt die Bruderschaft die Losung "Der gute Geschmack natürlicher Gerichte". Das wollen auch all die vielen anderen gastronomischen Bruderschaften verwirklichen - die des Ardennenschinkens, die der Erdbeeren und auch die der Geraardsberger-Maton-Torte (für deren Güte die Qualität der Milch ausschlaggebend ist). Die Angehörigen dieser Bruderschaften verwenden nur unverfälschte Naturprodukte. Dieses Ziel verfolgen sie mit großem Engagement.
Die Langeweile der sogenannten Internationalen Küche wird bewußt abgelöst durch die Hinwendung zur regionalen Küche des Landes. Die Chefs selbst großer Häuser wandern hinaus, um eigenhändig Sauerampfer zu pflücken, den sie ihrem Gast mit einem Dressing aus Naturprodukten des nächsten Bauernhofes servieren. Sie befragen die Hausfrauen in der Provinz nach alten Familienrezepten, wägen die Zusammenstellung der Speisen im Kopf, die Zusammensetzung auf der Küchenwaage und präsentieren mit viel Liebe ihre "Regionale Küche", neu durchdacht.
Belgien hat neun Provinzen und 999 kulinarische Dialekte. Die Hauptstadt Brüssel vereinigt alles. Die Spezialitäten der einzelnen Regionen werden dort in unendlich vielen kleinen Kneipen, aber auch in Luxusrestaurants serviert. Wenn es ums Essen geht, ist man sich in Belgien einig.
Es ist kein billiges Land. Wer viel reist, wird das bestätigen. Der Gourmet ist bereit, für ein ausgefallenes, gut gekochtes und perfektserviertes Essen Geld auszugeben.
In Belgien werden vor allem Produkte verwendet, die gartenfrisch in der Umgebung wachsen. Auf diese Weise ist ganz von selbst die Rückkehr zu der Kochkunst geschehen, die unsere Vorfahren übten, als sie noch nicht in der Lage waren, Lebensmittel und Zutaten täglich aus aller Herren Länder zu beziehen. Man musste das kochen, was auf den Wiesen wuchs, in den Wäldern gejagt und aus den Bächen gefischt wurde.
Fortsetzung: Europäischer Garten der Suppenkräuter >>
Mehr über Belgien bei REISERAT