Da kommt man mit einem Koffer voller Klischees hier im südlichsten Teil Spaniens an - er ist vollgestopft mit Begriffen wie Flamenco, Fandango, Gaspacho und Machos. Und man wünscht sich ziemlich schnell, man hätte den Koffer zuhause stehen lassen. Aber das ist es, was man sich eben so angelesen hat - es ist wie mit dem Bollenhut im Schwarzwald, den man fast nie mehr sieht, doch der Tourist hat ihn im Kopf.
Mein Koffer bleibt zu. Das gleißende Licht, diese unglaubliche Helligkeit Andalusiens, hüllt einen vollkommen ein. Man ist plötzlich auf einer anderen Bewusstseinsebene und der Bezug zu Afrika stellt sich von selbst her. Das meiste Andalusische kommt nämlich von diesem Kontinent gleich nebenan. Der Ur-Andalusier stammt vom aus Afrika eingewanderten Cro-Magnon-Menschen ab. Die Iberer kamen ebenfalls aus Afrika und die Phönizier, die 1100 v.Chr. erschienen, auch. Und dann natürlich die Mauren - sie prägten Lebensart und Kultur und gaben der Gegend den Namen: Al-Andalus.
Bis heute stehen drei wunderbare Städte für Andalusien schlechthin: Granada, Sevilla und Cordoba. In ihnen sind alle Kunstformen der spanischen Renaissance und des spanischen Barocks vereint; die geistigen Strömungen aus Frankreich und Italien sind spürbar.
Wir aber wenden uns Jerez zu, der Stadt des Sherrys und der weißen tanzenden Pferde.
Jerez de la Frontera - das bedeutet "an der Grenze" - liegt in der Provinz Cadiz ganz im Süden der iberischen Halbinsel. Durch die Lage in der weiten Flussebene am Guadalquivir ist das Land um die 210 000-Einwohner-Stadt außerordentlich fruchtbar. Wein, Weizen und die Kampfstierzucht sind seit altersher die Grundpfeiler der Wirtschaft. Baumwoll- und Sonnenblumenplantagen sowie ein zunehmender Tourismus eröffnen neue Möglichkeiten. Die alte maurische Stadt ist wohlhabend, das war sie schon zur Zeit der Entdeckung Amerikas, als von Jerez aus die spanische Flotte zur Eroberung der Kanarischen Inseln und Amerikas aufbrach. Überall in der Altstadt künden monumentale Bauten und die mächtige Burg - der Alcazar - von der Bedeutung des damaligen Militärstützpunkts. Der Verlauf der mächtigen, vier Meter dicken ehemaligen Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert, die immerhin 46 Hektar umschloss, ist noch gut zu erkennen. Es gibt einen Bergfried und einen achteckigen freistehenden Wehrturm und sogar eine Moschee. Das alles und zahlreiche alte Kirchen zeugen von der wechselvollen Geschichte dieser Stadt, die man am besten zu Fuß erobert.
Fortsetzung: Die Küche ist geprägt von den Mauren >>