Der Graf Tolomei hat über 40 Pferde in den geräumigen Boxen seines Gutes "La Pascaia" bei Sticciano stehen. Acht davon laufen auf den Rennbahnen des Landes - der Graf hat einen guten Namen im Rennsport. Mit den anderen züchtet er, man kann recht angenehm davon leben. Er hat zwei englische Vollbluthengste im Stall stehen; diese Vererber haben aus dem kleinen struppigen Maremmapferd hübsche, drahtige, schnelle Sportpferde gemacht. Hier und auf anderen Gütern in der Maremma wird die Tradition der oberitalienischen Vollblutzucht fortgesetzt, die Prinz Butera 1806 in diese Gegend verpflanzte. Überall sieht man Pferde weiden - die Hitze scheint ihnen nichts anzuhaben, sie sind ungewöhnlich erfolgreich auf den Rennbahnen von Mailand und Rom.
Auch die Bauern mit weniger Land haben meist ein, zwei Pferde, die hoch im Blut stehen und sich gut mit den Schafen und Rindern vertragen, mit denen sie die Wiesen teilen.
Seit eh und je ist am letzten Aprilsonntag in Alberese der "Merca de bestiame brada", der "Markt des freiweidenden Viehs", eine Veranstaltung, die es nur in der Maremma gibt. Die "Butteri", die Hirten, jagen hoch zu Ross das Vieh, das immer draußen ist, auf die eigenen Äcker. Sie messen ihre Kräfte mit denen der jungen Ochsen und fangen sie mit ihrem "Lazo" ein, um ihnen ihr Brandzeichen aufzuprägen. Fortan weiß man, wohin jedes Stück gehört.
Es ist ein großes Ereignis für die Menschen hier, ein ungewöhnliches Schauspiel, das mit zäher Beharrlichkeit und ohne großen Jubel Jahr für Jahr zelebriert wird. Die Tradition wird hochgehalten. Auch die Jungen scheuen sich nicht, jedes Jahr für einen Tag wieder in die Trachten ihrer Vorfahren zu schlüpfen und eine Rolle zu übernehmen.
Fortsetzung: Wildschweinschinken hängen von der Decke >>
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